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Neue Therapieform für Lymphompatient*innen

Beim diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) handelt es sich um eine Krebserkrankung der B-Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Diese bösartige Erkrankung, bei der Zellen, Gefäße oder Organe, die für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind, betroffen sind, schreitet schnell voran und gehört zu den häufigsten aggressiv verlaufenden Lymphomen im Erwachsenenalter. Obwohl bis zu 80% der Patient*innen DLBCL mithilfe der standardmäßig empfohlenen Therapie überleben, gilt es auch die Nebenwirkungen der Behandlung zu minimieren, die für Betroffene ebenfalls belastend sein können. Ein neuer Behandlungsansatz, der auf der Gabe von Vinorelbin beruht, zeigte vielversprechende Resultate. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Journal „Supportive Care in Cancer“ veröffentlicht.

 

Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom: Früherkennung und Behandlung entscheidend

Die aggressive Erkrankung des Abwehrsystems spiegelt sich in Symptomen wie Fieber, nächtlichem Schwitzen oder Gewichtsabnahme wider, diese sind jedoch uncharakteristisch und treten auch bei anderen Erkrankungen auf. Durch die schnelle Vermehrung von Tumorzellen kann es aber auch zur Vergrößerung der Lymphknoten oder der Milz kommen. Diese sind generell jedoch kaum druckempfindlich und meist nur bei sehr schnellem Wachstum mit Schmerzen verbunden, weshalb die Warnzeichen oft erst spät wahrgenommen werden. „In den letzten Jahrzehnten hat sich die Prognose für DLBCL-Patient*innen insgesamt deutlich verbessert. Dies ist vor allem dem Einsatz eines Antikörpers namens Rituximab zu verdanken, der gegen das B-Lymphozytenantigen CD20 auf den Oberflächen der Lymphomzellen gerichtet ist“ berichtet Stefan Hatzl von der klinischen Abteilung für Hämatologie, Universitätsklinik für Innere Medizin an der Med Uni Graz. Neben dieser relativ guten Prognose treten die Nebenwirkungen dieser effektiven Therapie in den Fokus der Wissenschafter*innen. Die aktuelle Standardtherapie besteht aus den zytotoxischen Substanzen Cyclophosphamid, Hydroxydaunorubicin, Vincristin und Prednison sowie dem genannten Antikörper Rituximab und wird abgekürzt R-CHOP genannt. Diese Therapie wird sechs bis acht Mal in 21-Tages-Intervallen verabreicht.

 

Neue Therapieform soll Nebenwirkungen reduzieren

Bei der Standardtherapie R-CHOP sind vor allem Erkrankungen des Nervensystems eine häufige Nebenwirkung. In bis zu 30% der Fälle kommt es zu Beschwerden der peripheren Nerven (Neuropathie), die für Patient*innen sehr belastend sind. Als Ursache wird das Vincaalkaloid Vincristin genannt, welches einen zentralen Bestandteil der Therapie darstellt. Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben Wissenschafter*innen rund um Stefan Hatzl über 900 Patient*innen mit DLBCL in den Universitätskliniken Salzburg und Graz hinsichtlich des Therapieplans und der Entwicklung einer Nervenkrankheit untersucht. „Denn bis dato gibt es noch keine Empfehlung, wie man bei einem Auftreten von Neuropathie unter R-CHOP Therapie vorgeht. Ein Großteil der hämatologischen Zentren weltweit setzt Vincristin bei Auftreten von Neuropathie ersatzlos ab“, beschreibt der Forscher die aktuelle Situation.

 

Therapieplan Vino-R-CAP: Ersatz von Vincristin durch Vinorelbin bringt Vorteile

An der klinischen Abteilung für Hämatologie der Med Uni Graz könnte man nun eine Lösung für dieses Problem gefunden haben. Hier hat sich der „off-lable“ Ersatz von Vincristin durch Vinorelbin als lokaler Standard bereits etabliert. Vinorelbin gehört wie Vincristin zur Gruppe der Vinkaalkaloide, unterscheidet sich jedoch durch ein geringeres Risiko, Nebenwirkungen einer Nervenkrankheit auszulösen. „Unsere Forschung bestätigte, dass dieser Therapieplan mit dem Namen Vino-R-CAP zu einer deutlichen Verbesserung der Neuropathie führt. Zusätzlich zeigen unsere Daten auch, dass Patient*innen, welche mit diesem innovativen Schema behandelt werden, tendenziell eine bessere Prognose aufweisen als jene unter normaler R-CHOP Therapie“ fasst Stefan Hatzl die Ergebnisse zusammen. Obwohl die Resultate noch in prospektiven randomisierten und kontrollierten Studien bestätigt werden müssen, konnte eine erste Evidenz in diesem noch unklaren Bereich der Hämatoonkologie geschaffen und die Lebensqualität von Lymphompatient*innen verbessert werden.

 

Weitere Informationen und Kontakt:

PD DDr. Stefan Hatzl
Medizinische Universität Graz
Klinische Abteilung für Hämatologie
+43 316 385 81321
stefan.hatzl(at)medunigraz.at  

 

Steckbrief: Stefan Hatzl

Stefan Hatzl absolvierte nach dem Humanmedizinstudium die Doctoral School „Molecular Medicine and Inflammation“ an der Med Uni Graz und forscht an neuen Therapieoptionen bei Krebserkrankungen wie der akuten myeloischen Leukämie. Konkret beschäftigt er sich mit der Expression von microRNAs, kleinste RNA-Stücke, die die Expression verschiedenster Gene regulieren. Neben seiner wissenschaftlichen Laufbahn ist er als Assistenzarzt an der klinischen Abteilung für Hämatologie tätig.