In Österreich werden jährlich etwa 1 000 Patient*innen mit einer aggressiven Form von Lymphdrüsenkrebs, dem Lymphom, diagnostiziert. Diese maligne Erkrankung des lymphatischen Systems verläuft trotz neuer Therapien für rund 30 bis 50 % der Patient*innen tödlich. Forscher*innen der Med Uni Graz haben es sich zur Aufgabe gemacht, aggressiven Lymphdrüsenkrebs genauer zu untersuchen, um bestmögliche Therapiemaßnahmen setzen zu können. Für das Projekt „LymphoCheck“ haben die Wissenschafter*innen nun eine hoch dotierte Förderung in Höhe von 1,6 Millionen Euro erhalten.
Inter- und multidisziplinäre Ansätze als Schlüssel zum Erfolg
Die vier Wissenschafter*innen der Med Uni Graz sowie des Joanneum Research konnten in präliminären Untersuchungen zeigen, dass ein hoher Prozentsatz von aggressiven Lymphomen einen immunevasiven Charakter hat. Das bedeutet, dass die entarteten Lymphomzellen der gegen sie gerichteten Immunantwort entkommen. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit steht die Entschlüsselung dieser Immunevasion in Abhängigkeit von zwei Tumorsuppressor-Proteinen, die einen langjährigen Forschungsschwerpunkt in zwei der vier Teams darstellen. Die zentrale Fragestellung: Wie und durch welche therapeutischen Maßnahmen können Lymphomzellen für eine gerichtete Immunantwort erkennbar gemacht werden? „In diesem Projekt kombinieren wir funktionelle Genomik, tumorimmunologische Methodiken sowie bioinformatische Analysen, um neue Therapien zu etablieren und bestehende zu verbessern. Unser Ziel ist es, neue Erkenntnisse über die Regulation der Immunevasion zu erlangen und diese dann therapeutisch auszunutzen, um einerseits neue Therapien zu entwickeln und andererseits die Wirksamkeit von bereits zugelassenen Immuntherapien zu verbessern“, so Forschungsleiter Alexander Deutsch von der Klinischen Abteilung für Hämatologie über den Forschungsinhalt und die Ziele des Projektes. Andreas Prokesch und Julia Feichtinger vom Gottfried Schatz Forschungszentrum der Med Uni Graz sowie Joanna Hummer von Joanneum Research HEALTH komplettieren das standortübergreifende Wissenschafter*innen-Quartett. Mit dieser Forschungsgruppenförderung des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) werden Teams aus drei bis fünf Wissenschafter*innen, die standortunabhängig komplexe Forschungsfragen vertiefen oder diese neu entwickeln und inter- oder multidisziplinäre Ansätze verfolgen, unterstützt. Anhand dieses Ansatzes kann der FWF die wissenschaftliche Zusammenarbeit innerhalb Österreichs vorantreiben und eröffnet geförderten Konsortien die Möglichkeit, ihre Expertise entlang einer Forschungsfrage über mehrere Standorte hinweg zu bündeln.
Zahl der Lymphdrüsenkrebs-Diagnosen steigt stetig an
Bereits seit Jahrzehnten beschäftigen sich Spezialist*innen mit der Erforschung dieser Erkrankung, wobei es gelungen ist, die einzelnen Arten der Lymphome genau zu charakterisieren und voneinander abzugrenzen. Parallel zu diesen Fortschritten hat sich auch die Behandlung der Lymphome verbessert, insbesondere die Erkenntnis, dass es für die unterschiedlichen Lymphomtypen auch gesonderte therapeutische Zugänge geben muss. Durch die Forschungsarbeit an Med Uni Graz und Joanneum Research werden weitere wichtige Erkenntnisse auf diesem Gebiet gesammelt und dadurch neue therapeutische Ansätze entwickelt.
Steckbrief: Alexander Deutsch
Bereits im Jahr 2000 begann die medizinische Laufbahn von Alexander Deutsch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Universitätsklinikum Graz. Im Jahr 2004 wechselte er auf die Klinische Abteilung für Hämatologie der Med Uni Graz – gleichzeitig wurde Alexander Deutsch ein aktives Mitglied der Lymphomforschungsgruppe dieser Abteilung. Seit 2009 leitet er deren molekularbiologisches Labor. Er beschäftigt sich mit den molekularen Mechanismen, die zur Entstehung von Lymphdrüsenkrebs beitragen. 2014 folgte seine Habilitation im Fach „Innere Medizin/Theoretische Experimentelle Hämatologie“.