Durch die allgemeine Teuerung steht die Steiermark als Wissenschaftsstandort unter Druck. Aktuell klafft an den fünf Universitäten des Landes für die Leistungsvereinbarungsperiode 2022 bis 2024 eine Finanzierungslücke von zumindest 105 Millionen Euro – Stand Mai 2022 bei einer ehemals angenommenen Inflationsanpassung von rund fünf Prozent. Inzwischen ist die Inflation weiter stark gestiegen. „Ohne zusätzliche Mittel können wir unsere mit dem Ministerium vereinbarten Ziele nicht erreichen und wichtige Aufgaben in Forschung und Lehre nicht erfüllen“, warnen die Rektoren Harald Kainz (TU Graz), Peter Riedler (Uni Graz), Hellmut Samonigg (Med Uni Graz) und Georg Schulz (Kunstuni Graz) sowie die Vizerektorin der Montanuniversität Leoben, Martha Mühlburger, am 30. August 2022 bei einer Pressekonferenz in Graz.
Im Hochschulbereich drohen Rückschritte und Qualitätsverlust
Wenn im Personalbereich auf Nachbesetzungen verzichtet oder sogar gekündigt werden muss oder etwa aufgrund explodierender Energiekosten Labore nicht mehr betrieben werden können, drohen Rückschritte und Qualitätsverluste in Forschung und Lehre – mit weitreichenden Folgen. „Universitäten treiben Innovationen voran, entwickeln Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und bilden junge Menschen aus, die unsere Zukunft gestalten. Darüber hinaus sind sie in der Steiermark ArbeitgeberInnen für 13 500 Menschen“, unterstreichen die RektorInnen die Bedeutung der Unis als Standortfaktor.
Gemäß den Leistungsvereinbarungen mit dem Wissenschaftsministerium, die im Herbst 2021 abgeschlossen wurden, stehen den fünf steirischen Universitäten für die Jahre 2022 bis 2024 insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Damals wurden etwaige Preissteigerungen in der Höhe von 2,2 Prozent jährlich berücksichtigt. Durch die Energiekrise und die hohe Inflation – 9,3 Prozent im Juli 2022 – würde der eingangs erwähnte Fehlbetrag von 105 Millionen Euro nahezu auf das Doppelte anwachsen. Dies würde bedeuten, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre bis zu 1000 qualifizierte Arbeitsplätze an den steirischen Universitäten nicht besetzt werden könnten oder gekündigt werden müssten.
Rektoren fordern eine Finanzierungszusage des Bundes
Gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium wollen die steirischen Universitäten den erfolgreichen Weg weitergehen. Dafür braucht es eine Finanzierungszusage des Bundes. „Eine entsprechende Erhöhung der Mittel ist unerlässlich und eine nachhaltig wertvolle Investition in den Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstandort Österreich“, sind sich die RektorInnen der fünf steirischen Unis einig.
Das sagen die steirischen Rektor*innen zur Budgetsituation
Harald Kainz, Rektor der TU Graz
Mit der Universitäten-Finanzierung neu hat die österreichische Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu einer starken und zukunftssicheren Entwicklung der Universitäten gegeben. Diese positive Weiterentwicklung ist durch die Kostensteigerungen nun massiv in Gefahr. Das birgt weitreichende Konsequenzen nicht nur für die Unis selbst, sondern auch für den Standort Österreich.
Martha Mühlburger, Vizerektorin der Montanuni Leoben
Schon in den vergangenen Jahren spielten Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Energieeffizienz für alle steirischen Universitäten eine große Rolle. Mit Fassadendämmung, Photovoltaik, effizienten Heizsystemen, intelligenten Raumnutzungs- und Beleuchtungskonzepten sowie vielen weiteren Maßnahmen konnten bereits erhebliche Einsparungen erreicht werden. Aber selbst wenn man hier noch weitere Potenziale hebt, sind die zu erwartenden Mehrkosten bei Strom und Wärme unmöglich zu kompensieren.
Peter Riedler, geschäftsführender Rektor der Uni Graz
Wird den steirischen Universitäten angesichts der enormen Kostensteigerungen jetzt nicht finanziell unter die Arme gegriffen, droht sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Schaden für die gesamte Region. Durch einen Personalaufnahmestopp würden viele qualifizierte Arbeitsplätze verlorengehen. Werden Investitionen in die Ausstattung von Forschungseinrichtungen und in bauliche Infrastruktur heruntergefahren, bedeutet das Qualitätsverluste bei den Studien ebenso wie in der Wissenschaft. Die Universitäten werden in ihrer Funktion als Innovationsmotoren eingebremst.
Hellmut Samonigg, Rektor der Med Uni Graz
Die Personalkosten an den steirischen Universitäten betragen rund 70 Prozent der Gesamtkosten. Die drohende Finanzierungslücke hat daher insbesondere gravierende Auswirkungen auf den Personalstand. Einsparungen bei MitarbeiterInnen hätten jedenfalls einen technologischen Rückfall und mittelfristig einen massiven Verlust von Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Standorts und letztendlich des Wohlstands zur Folge.
Georg Schulz, Rektor der Kunstuni Graz
Derzeit bieten die steirischen Universitäten ihren Studierenden eine international wettbewerbsfähige Bildung und Ausbildung. Mangelnde Finanzierung würde deutliche Verschlechterungen nach sich ziehen. Etwa in Bezug auf die Betreuungsrelation Lehrende zu Studierende. Kostenintensive Labore und Übungen müssten stark eingeschränkt und die Zahl an Wahlfächern verringert werden. Auch die Kürzung von Zuschüssen zu Auslandsaufenthalten sowie der Verzicht auf internationale Vortragende würden die Qualität der Ausbildung zusätzlich beeinträchtigen.
Text: Gudrun Pichler, Uni Graz